Für 2017 erwarten die Konjunkturexperten eine leichte Verstärkung der wirtschaftlichen Dynamik: Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) geht in seiner Prognose zum Jahreswechsel davon aus, dass die Weltwirtschaft 2017 um 3,6 % wachsen wird, und damit 0,5 Prozentpunkte stärker als 2016.
Der Aufschwung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wird sich leicht verstärken, allerdings mit gemäßigtem Tempo. Das Wachstum wird gestützt durch eine weiterhin expansive Geldpolitik, finanzpolitische Anregungen und eine wieder etwas kräftiger steigende Nachfrage in den Entwicklungsund Schwellenländern. Während China seine Wachstumsraten voraussichtlich nicht mehr ganz halten kann, wird sich wahrscheinlich die Expansion in den übrigen Schwellenländern weiter beschleunigen. Dazu dürfte auch die jüngste Erholung bei den Rohstoffpreisen beitragen. In Russland wird die Produktion voraussichtlich wieder anziehen. In Brasilien wird die konjunkturelle Erholung dagegen noch etwas auf sich warten lassen.
Die konjunkturellen Risiken der vergangenen Jahre bleiben bestehen: Die US-Regierung hat zahlreiche Änderungen angekündigt, was wirtschaftlich und politisch große Unwägbarkeiten mit sich bringt. Zudem stehen in mehreren großen europäischen Ländern Wahlen an, aus denen sich grundlegende wirtschaftspolitische Verschiebungen ergeben können. Unklar bleibt bislang auch der Austrittsmodus Großbritanniens aus der Europäischen Union. Abgesehen davon stößt die Geldpolitik mit ihrer Niedrigzinspolitik inzwischen an ihre Grenzen. So werden insbesondere im Finanzsektor die negativen Auswirkungen der extrem niedrigen Zinsen spürbar.
Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) | |||
in % | 2016 (Prognose aus dem Vorjahr) | 2016 (vorläufige Berechnung) | 2017 (prognostiziert) |
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Wirtschaftsräume | |||
Weltwirtschaft | 3,4 | 3,5 | 3,6 |
Euroraum | 1,7 | 1,7 | 1,7 |
Ausgewählte Länder | |||
USA | 2,8 | 1,6 | 2,5 |
China | 6,5 | 6,6 | 6,4 |
Indien | 7,2 | 7,1 | 6,8 |
Japan | 1,0 | 1,0 | 1,2 |
Deutschland | 2,2 | 1,9 | 1,7 |
Quelle: Institut für Weltwirtschaft, Kiel |
Die Auswirkungen des Wechsels im US-Präsidentenamt auf die Konjunktur lassen sich schwer abschätzen. Auch wenn das Wahlprogramm des neuen Präsidenten bislang weitgehend unspezifisch blieb, lassen sich deutlich expansive finanzpolitische Signale erkennen. So wurden beträchtliche Steuersenkungen in Aussicht gestellt und umfangreiche Ausgabenprogramme angekündigt. Die steigenden Kurse an den US-Börsen in den Wochen nach der Wahl wiesen auf die hohen Erwartungen hin, die die Kapitalmarktteilnehmer an die amerikanische Fiskalpolitik 2017 richten. Gleichzeitig muss davon ausgegangen werden, dass die Regierung zunehmender Intensivierung des internationalen Handels kritischer gegenübersteht. Ein solcher Protektionismus würde unter Umständen – verbunden mit einer sich abzeichnenden institutionellen Unsicherheit – mittelfristig zu wirtschaftlichen Einschränkungen führen. Für das laufende Jahr 2017 wird jedoch ein Wachstumsanstieg um 0,9 Prozentpunkte auf 2,5 % erwartet.
Die Wirtschaft im Euroraum wird voraussichtlich ihren moderaten Kurs fortsetzen und wie im Vorjahr um 1,7 % expandieren. Dabei wird Frankreich sein schwaches Wachstum wohl stabilisieren können (+ 1,2 %) und Spanien seine Expansion mit abgeschwächtem Tempo fortsetzen (+ 2,6 %). In Italien haben sich die Aussichten auf weitere Reformen zur Überwindung der Wachstumsschwäche mit der Ablehnung der Verfassungsreform verschlechtert. Hier wird die Entwicklung vermutlich weiter auf einem niedrigen Niveau verharren (+ 0,8 %). Für Griechenland wird eine weitere Erholung erwartet (+ 1,9 %), wohingegen die Wachstumsrate in Großbritannien weiter nachlassen wird (+ 1,2 %). Da im laufenden Jahr in vier der größten fünf Mitgliedsstaaten des Euroraums Parlamentswahlen anstehen (Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande), bestehen Unsicherheiten über die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik
Der Verbraucherpreisanstieg im Euroraum wird bei 1,2 % erwartet und damit trotz steigender Tendenz weiter auf einem niedrigen Niveau bleiben. Sinkende Tendenz zeigt weiter die Arbeitslosenquote: Sie wird um voraussichtlich 0,6 Prozentpunkte auf 9,5 % zurückgehen.
Für die deutsche Wirtschaft stehen die Zeichen weiter auf Wachstum, das von binnenwirtschaftlichen Auftriebskräften getragen wird. Für das laufende Jahr erwarten die Experten des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) ein Plus von 1,7 % mit Tendenz nach oben. Die Unternehmen werden ihre Investitionen ausweiten, da die Geschäftsaussichten bei bereits überdurchschnittlich ausgelasteten Kapazitäten erfreulich und die Finanzierungsbedingungen weiter günstig sind. Vor allem die Bauinvestitionen dürften mit hohen Raten expandieren. Auch der private Konsum wird aufgrund der günstigen Lage am Arbeitsmarkt und der hohen Anstiege bei den staatlichen Transferzahlungen weiter steigen. Allerdings wird das Expansionstempo insgesamt leicht absinken, da die Kaufkraft der privaten Haushalte durch die steigenden Ölpreise geschmälert wird. Die öffentlichen Haushalte werden in diesem Umfeld bei spürbar steigenden Einnahmen und Ausgaben weiterhin Überschüsse generieren können.
Gestützt durch eine verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit werden die Exporte weiter anziehen. Dabei wird vor allem aus den USA – in Abhängigkeit von der Entwicklung der Handelsabkommen –, dem Euroraum und den Schwellenländern eine steigende Nachfrage erwartet. Auf der anderen Seite wird die lebhafte Binnenkonjunktur auch bei den Einfuhren zu deutlichen Zuwachsraten führen. Die Geschäftsbedingungen werden sich dabei leicht verschlechtern.
Der Aufschwung am Arbeitsmarkt wird sich wahrscheinlich fortsetzen und von weiteren Lohnzuwächsen begleitet. Für die Arbeitslosenquote erwartet das IfW 2017 einen weiteren Rückgang um 0,2 Prozentpunkte auf 5,9 %.
Nachdem es der chinesischen Regierung gelungen ist, die Konjunktur 2016 durch expansive geld- und fiskalpolitische Maßnahmen vorerst wiederzubeleben, ist für die kommenden Jahre mit einem Nachlassen der wirtschaftlichen Expansion zu rechnen. Grund sind die nach wie vor bestehenden tief greifenden strukturellen Probleme wie eine ineffiziente Kapitalallokation und die mangelnde Innovationsfähigkeit. Durch die staatlichen Eingriffe werden diese allenfalls kurzfristig überdeckt. Zudem wird die bereits sehr hohe Verschuldung von Unternehmen und Gebietskörperschaften weiter aufgebläht. Für 2017 wird ein Wachstum von 6,4 %, für 2018 eines von 5,9 % erwartet.
Indiens Wirtschaft entwickelt sich den Erwartungen entsprechend weiter gut und wird 2017 mit 6,8 % ein Wachstum leicht unterhalb des Vorjahrs erreichen. In Japan bleibt die Entwicklung trotz massiver wirtschaftspolitischer Impulse weiter schwach. Gegenüber dem Vorjahr wird sich das Wachstum wohl leicht auf 1,2 % erhöhen, wobei die Tendenz für das Folgejahr abnehmend ist.
Auch 2017 werden die Finanzmärkte durch chancenreiche Wachstumsaussichten, aber auch durch ein hohes Maß an Volatilität gekennzeichnet sein. Vor allem geopolitische Risiken, Protektionismus und Populismus haben das Potenzial sich teils negativ niederzuschlagen. Hauptschauplatz wird dabei zum einen Europa sein, wo das Brexit-Votum in politische und wirtschaftliche Praxis umzusetzen sein wird. Der zweite sind die USA, wo mit Spannung zu beobachten sein wird, wie sich der Wechsel in der Präsidentschaft auswirken wird.
Mit der Entscheidung der Europäischen Zentralbank, auf historisch niedrigem Niveau an ihrer Niedrigzinspolitik festzuhalten und in einem zeitlich nochmals erweiterten Rahmen Anleihen anzukaufen, soll die Wirtschaft in der Eurozone gestützt werden und die Inflation wieder näher an den EZB-Zielwert von 2 % geführt werden. Es mehren sich allerdings die Stimmen, die auf die zunehmenden Gefahren dieser Politik für die Wirtschaft und die Märkte hinweisen.
Die US-Notenbank Fed hingegen wird weiter von der expansiven Zinspolitik abrücken und den Zinserhöhungszyklus weiter fortsetzen. Dies sollte sich auch in einem weiterhin starken US-Dollar widerspiegeln. Es wird mit Spannung erwartet, wie sich die weiteren Maßnahmen und die Kommunikation der Fed gestalten werden, um die Gratwanderung zu bewerkstelligen zwischen einer eventuellen Notwendigkeit weiterer Zinsschritte und der Gefahr, durch eben diese anderen Märkten die Geldströme zu entziehen.
Die internationalen Rentenmärkte werden also auch 2017 von unterdurchschnittlichen und weiter divergierenden Zinsniveaus geprägt sein. In den für uns relevanten Währungsräumen erwarten wir deutlich ansteigende Renditekurven. Staatsanleihen der im Fokus stehenden Staaten der Europäischen Währungsunion mit höheren Risikoaufschlägen sollten sich mehrheitlich weiter stabilisieren. Der aktuell noch beständige Kreditzyklus in den Vereinigten Staaten sowie die Stabilisierung der Schwellenländer werden das konjunkturelle Umfeld weiter prägen. Dies kann möglicherweise durch Beendigung der Austeritätsbemühungen mehrerer Industriestaaten und einem weltweit anziehenden Privatkonsum noch positiv beeinflusst werden.
Den bereits durch eine außergewöhnliche Performance im Jahr 2016 hoch bewerteten US-Aktien stehen im Zyklus etwas dahinter verbliebene Anteilspapiere in Europa und den Schwellenländern gegenüber. Inwieweit die bereits einkalkulierten Effekte aus der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten durch negative, geopolitische oder handelsbeschränkende Maßnahmen korrigiert werden, bleibt eine der Schlüsselfragen für 2017, von der Europa und die Schwellenländer nicht unberührt sind.
Insgesamt wird 2017 gekennzeichnet sein durch eine sehr spezielle Kombination aus geo- und geldpolitischer Unsicherheit, die sich in Form erhöhter Volatilität an den Finanzmärkten ablesen lassen wird. Aufgrund dieser Aussicht wird einer breiten Diversifizierung innerhalb der Kapitalanlagen auch 2017 weiterhin eine große Bedeutung zukommen.
Die Versicherungsbranche bewegt sich auch 2017 in einem herausfordernden Umfeld. Angesichts des Niedrigzinsumfelds und schwacher Renditen richten die Marktteilnehmer ihre Aufmerksamkeit weiter verstärkt auf die Themen Effizienz, Profitabilitätssicherung und Innovation. Die Brexit-Entscheidung in Großbritannien und der Regierungswechsel in den USA werden zusätzliche Unwägbarkeiten bringen. Ein positives Signal kommt aus den USA, wo sich die Notenbank vom Kurs der expansiven Geldpolitik abgewendet hat. In Europa entfernt sich die Inflation positiv von der Nulllinie, was zumindest mittelfristig eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Aussicht stellt. Trotz der zahlreichen Herausforderungen erwarten die Experten für die Beiträge in der Versicherungswirtschaft auch im laufenden Jahr eine stabile Entwicklung.
Mit den verschärften Solvabilitätsvorschriften haben die Versicherer ihr Kapital- und Risikomanagement weiter verbessert. In Verbindung mit der zunehmenden Verbreitung des Enterprise- Risk-Managements (ERM) neigen sie und große Unternehmen dazu, ihre (Rück-)Versicherungen zentral abzuschließen, sodass sie Wachstum und Risiken integriert steuern können. Auch dadurch wird sich der erhöhte Konsolidierungsdruck im Markt voraussichtlich weiter verschärfen.
Margendruck und Überkapazitäten führen dazu, dass die Rückversicherer den Schwerpunkt ihrer Produkte vermehrt auf den Faktor Qualität verlagern werden. Dies entspricht auch dem zunehmenden Bedarf nach individualisierten Lösungen. Im Zuge dessen entstehen maßgeschneiderte Versicherungsprodukte, die gleichzeitig auch die Strategie- und Wachstumsziele der Partner aktiv unterstützen.
Die aktuellen Veränderungen auf dem Versicherungsmarkt bergen nicht nur Risiken, sondern auch Wachstumschancen. Ein zunehmender Absicherungsbedarf durch den Klimawandel, die höheren politischen Risiken oder die immer gewichtiger werdenden Cyber-Risiken liefern der Branche zahlreiche Ansatzpunkte für neue Angebote. Ein Veränderungsmotor von besonderer Bedeutung dürfte in Zukunft die Digitalisierung sein. Sie eröffnet beispielsweise neue Möglichkeiten zur Schadenprävention und wird darüber hinaus dazu führen, dass die Branche zukünftig verstärkt mit Partnern aus der Technologiebranche zusammenarbeiten wird. So werden Kooperationen zur Entwicklung von speziellen Underwriting-Tools und von Kurzzeitpolicen bis hin zur Erschließung gemeinsamer neuer Geschäftsfelder möglich sein.