Im Bereich der sonstigen Risiken sind für uns hauptsächlich die zukünftigen Risiken (Emerging Risks), die strategischen Risiken, die Reputations- und die Liquiditätsrisiken wesentlich.
Emerging Risks sind dadurch gekennzeichnet, dass sich ihr Risikogehalt, insbesondere im Hinblick auf unseren versicherungstechnischen Vertragsbestand, nicht verlässlich beurteilen lässt. Solche Risiken entwickeln sich allmählich von schwachen Signalen zu eindeutigen Tendenzen. Risikofrüherkennung und anschließende Beurteilung sind daher von entscheidender Bedeutung. Zur Früherkennung haben wir einen effizienten bereichs- und spartenübergreifenden Prozess entwickelt und die Anbindung an das Risikomanagement sichergestellt. Die operative Durchführung erfolgt durch eine gesondert dafür eingerichtete und mit Spezialisten besetzte Arbeitsgruppe. Die Analysen dieser Arbeitsgruppe werden konzernweit genutzt, um gegebenenfalls notwendige Maßnahmen ableiten zu können (z. B. vertragliche Ausschlüsse oder die Entwicklung neuer Rückversicherungsprodukte). Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe werden beispielsweise Risiken analysiert, die ein möglicher Klimawandel mit sich bringt. Eine Erderwärmung hätte nicht nur Einfluss auf Naturgefahren, sondern auch auf die menschliche Gesundheit, die Weltwirtschaft, den Agrarsektor und vieles mehr. Diese Problemfelder können auch Auswirkungen auf unseren Vertragsbestand haben, und zwar nicht nur in Form von Risiken, sondern auch von Chancen, wie einer erhöhten Nachfrage nach Rückversicherungsprodukten. Weitere Emerging Risks sind beispielsweise Technologierisiken, Rohstoffknappheit und Lieferkettenrisiken.
Strategische Risiken ergeben sich aus einem möglichen Missverhältnis zwischen der Unternehmensstrategie des Hannover Rück-Konzerns und den sich ständig wandelnden Rahmenbedingungen des Umfelds. Ursachen für ein solches Ungleichgewicht können z. B. falsche strategische Grundsatzentscheidungen, eine inkonsequente Umsetzung der festgelegten Strategien und Geschäftspläne oder eine falsche Ressourcenallokation sein. Wir überprüfen deshalb regelmäßig unsere Unternehmensstrategie in einem mehrstufigen Verfahren und passen unsere Prozesse und die abgeleiteten Richtlinien bei Bedarf an. Zur operativen Umsetzung der strategischen Grundsätze und Ziele haben wir Erfolgskriterien und Kennzahlen festgelegt, die für die Erfüllung der jeweiligen Ziele maßgebend sind. Mit dem Strategy Cockpit steht dem Vorstand und den verantwortlichen Führungskräften ein Strategie-Tool zur Verfügung, das sie bei der Planung, Formulierung und Steuerung von strategischen Zielen und Maßnahmen unterstützt und das die Gesamtsicht auf das Unternehmen und die strategischen Risiken sicherstellt. Weiterhin erfolgt auf jährlicher Basis eine Bewertung des Prozesses zum Management strategischer Risiken im Rahmen der Überwachung der Geschäftsprozessrisiken. Mehr zum Thema Strategie finden Sie in dem Kapitell „Unsere Strategie“.
Reputationsrisiken betreffen die Gefahr, dass das Vertrauen unserer Kunden, Aktionäre, Mitarbeiter oder auch der Öffentlichkeit in unser Unternehmen beschädigt wird. Dieses Risiko kann die Geschäftsgrundlage des Hannover Rück-Konzerns erheblich gefährden. Eine gute Unternehmensreputation ist daher eine Grundvoraussetzung für unser Kerngeschäft als Rückversicherer. Die Reputationsrisiken können sich aus allen Geschäftsaktivitäten des Hannover Rück-Konzerns ergeben. Eine Reputationsschädigung kann zum Beispiel durch einen öffentlich gewordenen Datenverlust oder durch eine finanzielle Schieflage aufgrund eines versicherungstechnischen Risikos hervorgerufen werden. Zur Risikominimierung setzen wir neben den bereits dargestellten Verfahren der Risikoidentifikation auf eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren. Dazu gehören zum Beispiel unsere verbindlich festgelegten Kommunikationswege (z. B. Richtlinie zur Krisenkommunikation), eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit, erprobte Prozesse für definierte Krisenszenarien sowie unsere etablierten Geschäftsgrundsätze.
Unter dem Liquiditätsrisiko verstehen wir die Gefahr, nicht in der Lage zu sein, unseren finanziellen Verpflichtungen bei Fälligkeit nachkommen zu können. Das Liquiditätsrisiko besteht aus dem Refinanzierungsrisiko (benötigte Zahlungsmittel wären nicht oder nur zu erhöhten Kosten zu beschaffen) und dem Marktliquiditätsrisiko (Finanzmarktgeschäfte könnten aufgrund mangelnder Marktliquidität nur zu einem schlechteren Preis als erwartet abgeschlossen werden). Wesentliche Elemente der Liquiditätssteuerung unserer Kapitalanlagen sind zum einen die Steuerung der Laufzeitenstruktur unserer Kapitalanlagen auf Basis der geplanten Auszahlungsprofile aus den versicherungstechnischen Verpflichtungen und zum anderen die regelmäßigen Liquiditätsplanungen sowie die Anlagestruktur der Kapitalanlagen. Jenseits der absehbaren Auszahlungen könnten unerwartete, außerordentlich hohe Auszahlungen eine Liquiditätsgefahr darstellen. Jedoch sind im Rückversicherungsgeschäft wesentliche Ereignisse (Großschäden) in der Regel mit einer planbaren Vorlaufzeit auszuzahlen. Dennoch haben wir im Rahmen unserer Liquiditätssteuerung Bestände definiert, welche sich auch in Finanzstresssituationen wie der Finanzkrise 2008 als hoch liquide erwiesen haben. Unser Bestand an freien deutschen, englischen und US-amerikanischen Staatsanleihen sowie an Geldbeständen war während des Berichtsjahres größer als mögliche Auszahlungen für unterstellte Extremereignisse, sodass auch für den unwahrscheinlichen Fall des Zusammentreffens von Finanzkrisen und der Notwendigkeit eines schnell auszuzahlenden Extremereignisses unsere Liquidität gewährleistet ist. Der Bestand der Liquiditätsreserve betrug zum Bilanzstichtag 6,3 Mrd. EUR. Darüber hinaus steuern wir die Liquidität des Bestands durch eine börsentägliche Kontrolle der Liquidität der Bestandstitel. Dank dieser Maßnahmen erfolgt eine wirksame Reduzierung des Liquiditätsrisikos.